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10. Bochumer Lymphtag eröffnet das Jahr 2021

10 Jahre Bochumer Lymphtag stehen für 10 Jahre Fortbildung auf dem aktuellsten Stand der Medizin. Denn gerade in der Onkologie gab es eine enorme Weiterentwicklung. 

So hat 2019 das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Dekade gegen Krebs ausgerufen – um die positive Entwicklung in der Onkologie weiter zu intensivieren.  

Am 30. Januar eröffnete der von der Akademie für medizinische Fortbildung der ÄKWL und KVWL, Münster gemeinsam mit der Juzo Akademie in Zusammenarbeit mit der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des St. Josef Hospitals und dem Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum durchgeführte Lymphtag als erste Veranstaltung 2021 das Veranstaltungsjahr der Julius Zorn GmbH.

Das Jubiläum wurde online gefeiert 

Zum ersten Mal fand der Lymphtag als reines Online Symposium statt. Der  wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. med. Markus Stücker, Bochum, durfte zur Veranstaltung rund 420 Teilnehmende online begrüßen. Besonders erfreulich war die große Anzahl an internationalen Gästen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben – aus 13 Ländern rund um den Erdball  nutzten Gäste die englische Simultanübersetzung. Außerdem waren annähernd 180 Teilnehmende aus der Türkei online, die dank einer türkischen Simultanübersetzung die Möglichkeit hatten, live mit dabei zu sein. Mehr als 50 weitere Personen haben sich für die Teilnahme im Rahmen der Mediathek entschieden. Somit konnten mehr rund 470 Teilnehmer registriert werden. 

Wie auch die Jahre zuvor war die Jubiläumsausgabe des Bochumer Lymphtags eine praxisrelevante Fortbildung, die das interdisziplinäre Netzwerk aus allen, die an der Versorgung beteiligt sind, stärkt und fördert.  

Lymphologie und Onkologie 

Der diesjährige Lymphtag beleuchtete die Genese und Therapie von Lymphödemen aus diversen onkologischen Blickwinkeln. Hochkarätige Referenten betrachteten Aspekte in den unterschiedlichsten Fachbereichen und stellten deren Einfluss auf die Ödembildung und -behandlung, deren Entstehung im Zuge der onkologischen Therapie nach wie vor ein Problem darstelle, in den Fokus.  

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. med, Markus Stücker wurden die Teilnehmenden mit Grußworten zum Jubiläum willkommen geheißen. Univ.-Prof. Dr. Dr. Hugo Van Aken, Vorsitzender der Akademie für medizinische Fortbildung der ÄKWL und KVWL, Münster, gratulierte im Namen der medizinischen Akademie zum Jubiläum und lobte den interdisziplinären Aufbau des Bochumer Lymphtags. Ein besonderer Dank ging an Prof. Dr. med. Stücker für dessen großes Engagement, durch das der Bochumer Lymphtag jedes Jahr zu einer wissenschaftlich anspruchsvollen Fortbildungsveranstaltung werde, die durch Interprofessionalität und Interdisziplinarität überzeugen könne.  

Elisabeth Borg, Leiterin des Ressorts Fortbildung der ÄKWL, Münster, hob hevor, dass dieses Jahr das Thema „Lymphologie und Onkologie“ aufgegriffen wurde. Sie betonte, dass es wichtig sei, gute Fortbildungen im Bereich der Lymphologie, wie den Bochumer Lymphtag, anbieten zu können. Auch lobte sie die gute Zusammenarbeit und den Austausch der Akademie für medizinische Fortbildung und der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des St. Josef Hospitals in Bochum, wodurch in Kooperation mit diversen Fachgesellschaften und Verbänden vor ein paar Jahren diese Thematik in einer curricularen lymphologischen Fortbildung systematisch aufgegriffen werden konnte. 

Den ersten Block eröffnete Univ.-Prof. Dr. med. univ. Erich Brenner, Innsbruck, mit seinem Vortrag „Faszination Lymphatisches System: Anatomie und Physiologie“. Neben dem Kreislaufsystem Herz, Arterien, Kapillaren und Venen existiere der Halbkreis der Lymphgefäße, der bereits bei den Kapillaren ansetze. Neben der Morphologie lag der Fokus auf Anatomie und Physiologie des  Lymphsystems. 
Bei der Betrachtung des Lymphtransports seien drei Parameter wesentlich: die maximale Transportkapazität des Lymphgefäßes, die Summer der lymphpflichtigen Lasten sowie das aktuelle Lymphzeitvolumen (das Volumen, das zum aktuellen Zeitpunkt transportiert werde). Im Normalfall liegen Lymphlast und Lymphzeitvolumen ident und bei etwa 20% der Transportkapazität. Wenn die Lymphlast kurzzeitig ansteige, könne das Lymphsystem darauf reagieren und die Kapazität erhöhen. Dies gehe aber nur über einen kurzfristigen Zeitraum, bevor die Lymphgefäße ermüden und die Transportkapazität wieder sinke. Das sei der Punkt, an dem dann ein Ödem entstehe. Auch wenn die Lymphlast die maximale Transportkapazität übersteige oder aufgrund der Schädigung von Lymphgefäßen die maximale Transportlast unter die Lymphlast sinke, entstünde ein Ödem. 

„Bildgebung beim Lymphödem: Indikationen, Methoden, Aussagekraft“ war das Thema von PD Dr. med. Claus Pieper, Bonn. Er stellte Lymphbildgebungstechniken vor und ging dabei primär auf die  radiologischen Verfahren ein (Röntgenlymphangiographie, Pedale Funktionslymphszintigraphie, MR- Lymphangiographie und kurz auch ICG-Fluoreszenzlymphangiographie). 
Ziele der Verfahren sei, Ödemverteilung und -ausmaß darzustellen, die Identifikation von funktionellen Lymphgefäßen und -knoten, eine exakte anatomische Lokalisierung in Bezug zu Venen, das Vorliegen eines dermalen Refluxes/ Dermisverdickung zu erkennen, Fettgewebsveränderungen (Hypertrophie) und Fibrosierung zu identifizieren sowie die Quantifizierung der Funktionalität des Lymphgefäßes. Er machte eine Gegenüberstellung der MR- Lymphangiographie (MRL) und der Lymphszintigraphie, die beide konkordante Befunde liefern würden. Die Lymphszintigraphie sei aber in der Darstellung der Funktion der Lymphknoten/ Anreicherungskinetik überlegen, wohingegen die MRL in der Darstellung der Lymphgefäße und deren Morphologie überzeugender sei. 

Dr. med. Michael Oberlin,  Hinterzarten, beschäftigte sich mit dem „Lymphödem in der HNO-Heilkunde: Kopf-, Gesichts-, Halslymphödeme, deren Ursache und Therapieoptionen“. Gerade im Kontext der Onkologie betrachtet könne man sagen, dass Lymphödeme im Kopf-, Gesichts- und Halsbereich meist sekundärer Genese und Folge therapeutischer Eingriffe bei malignen Tumoren seien. Die Therapie der HNO-Tumore sei immer noch sehr radikal (chirurgisch (Neck dissection), Strahlentherapie, Radiochemotherapie), was zu einer sehr hohen Inzidenz eines Lymphödems führe (ca. 30-76%). Neben äußerem Lymphödem gäbe es auch das innere Lymphödem der Mundhöhle sowie des Larynx und Phanynx, das deutlich schwerer zu erkennen sei. Die Patienten würden unter anderem an diversen Beschwerden, wie z.B. Schluckbeschwerden oder Atem- und Sprechprobleme leiden. Neben Ursache und Ausprägung war auch der Behandlungsaufbau Teil des Vortrages. 
Dr. Oberlin ging dabei auf die Physikalische Therapie dieser äußeren und inneren Lymphödeme ein, die eine große Herausforderung für die Therapeuten darstelle. Laut Untersuchungen aus den USA an 1200 Patienten mit Kopf-, Gesichts-, und Halslymphödemen nach einer Tumortherapie würde durch die Konservative Physikalische Entstauungstherapie (KPE) bei 60% eine Besserung eintreten. Jedoch sei die Erfahrung von MLD-Physiotherapeuten in der Behandlung von Kopf-, Gesichts-, und Halslymphödemen oft begrenzt und die Kompressionstherapie erfordere noch ein großes Maß an „Kreativität“, führe aber im Rahmen der KPE zu großen Verbesserungen. 

Brustkrebs und Lymphödem: Haben sich Lymphödeme durch moderne Mammachirurgie verändert? Dieser Frage ging Dr. med. Irene Richter-Heine, München, nach. Die operative Therapie der Brustkrebserkrankungen nehme eine zentrale Stellung in der Brustkrebsbehandlung ein. Heute seien brusterhaltende Therapien (BET) zwar vorrangig, jedoch gingen diese mit einer adjuvanten Bestrahlung einher und hätten deshalb häufig ein ästhetisch nicht ansprechendes Outcome. Wenn das reduzierte Volumen bei einer brusterhaltenden Therapie 15-30 % ausmache, müsse mit Asymmetrie, Deformierung, Dellenbildung und Fehlpositionierung des NAK (Nippel-Areola-Komplex) gerechnet werden. Eine große Rolle in der Behandlung von Brustkrebs spielten die Lymphknoten, insbesondere der Sentinel-Lymphknoten (Wächterlymphknoten).  
In der klinischen Beobachtung treten weitaus seltener hochgradige sekundäre Armlymphödeme nach Entfernung von Lymphknoten und Bestrahlung auf. Auffällig häufiger sind Ödeme / Lymphödeme der Brust und Thoraxwand nach BET / Mastektomie mit Bestrahlung und adjuvanter moderner Therapie. 
Lymphödeme treten weniger häufig auf, da früher operiert und adäquat therapiert werden könne. Brustkrebs sei eine inter- und multidisziplinäre Herausforderung. Eine frühe Diagnosestellung bedeute weniger aggressive Therapie, weniger radikale Operationen mit weniger einschneidenden Folgen wie Arm-, Brust- oder Thoraxwand-Lymphödeme. Eine adäquate, individuelle Beratung, Diagnostik und Therapie stünden in zertifizierten Brustzentren betroffenen Frauen zur Verfügung. Im multidisziplinären Zusammenspiel in der Brustkrebsbehandlung liege der Erfolg der Therapie, von der OP-Planung und patientenadaptierten Durchführung bis hin zur Rehabilitation. Es sei unabdingbar, die Patientinnen ganzheitlich und individuell zu betrachten. 

Heike Freise, Bad Homburg, gab einen Einblick in den Alltag einer Breast Care Nurse. In Deutschland erkrankten jährlich rund 490.000 Menschen an Krebs, darunter rund 69.000 Frauen und 700 Männer an Brustkrebs. Als Breast Care Nurse müsse man sich vielfältigen, freudigen und auch traurigen Herausforderungen stellen und ein hohes Maß an psychischer Stabilität, Empathie und Belastbarkeit aufbringen. In zertifizierten Organkrebszentren (ca. 273 zertifizierte Brustkrebszentren in Deutschland) könne die Versorgung onkologischer Patientinnen und Patienten verbessert  und eine ganzheitliche Begleitung in allen Phasen der Erkrankung ermöglicht werden. Ein Netzwerk aus verschiedenen Spezialisten stehe in den Zentren an der Seite der Erkrankten. Die Information über den Organisationsablauf der Klinik, Beratung zu Unterstützungsmöglichkeiten durch Sozialberatung, Psychoonkologen ggf. Seelsorge oder die Besprechung prothetischer Versorgung gehören u.a. zu den täglichen Aufgaben. Als Onkologische Fachpflegekraft sei man ein Baustein in einem multiprofessionellen Team und kümmere sich um die Menschen. Durch eine kontinuierliche, vertrauensvolle und emphatische Beziehung könne die Lebensqualität von Patienten verbessert und Ängste abgebaut werden. 

Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt, Bochum, deckte das Spektrum der mikrochirurgischen Techniken in seinem Beitrag „Prävention des Lymphödems nach Tumor durch lymphovenöse Anastomosen“ ab. Über lymphovenöse Anastomosen (LVA) könne die Möglichkeit einer Prävention eines Lymphödems geschaffen werden. Mehr als 50% der Patienten eines Weichteilkarzinoms würden Lymphödeme entwickeln. Eine mit dieser Tumorart einhergehende notwendige Bestrahlung begünstige zusätzlich eine Schädigung des Lymphabflusses. Prof. Dr. Lehnhardt gab einen kurzen Überblick über den Aufwand und den Mehrwert, den eine solche Operation mit sich bringe. Wenn im Rahmen einer Tumorresektion LVA gemacht werden und so die Lymphe in das venöse System umgeleitet werde, sei ein zeitlicher Mehraufwand von rund 1 Stunde notwendig. In der Nachbehandlung müsse postoperativ mit elastischen Kompressionsbandagen und später mit individuell angepassten Kompressionsbekleidung (KKL 1-3) versorgt werden. Patienten mit LVA hätten auf lange Sicht eine gut abfließende Lymphflüssigkeit und keine Probleme mit der Bildung von Lymphödemen. 

Das postinterventionelle Ödem in der Orthopädie wurde von Peter Nolte, niedergelassener Allgemeinmediziner und Lymphologe, Meinerzhagen-Valbert, genauer betrachtet. Bei operativen Interventionen wie einem Kniegelenkersatz entstünden Gewebetraumata z.B. durch Haken. Die Bahnen der vetromedialen Bündel der Beinlymphgefäße (Flaschenhals) würden im Zuge der Operation beeinträchtig werden.  
Gewebetraumata können zu einer akuten Entzündung der umliegenden Gewebestrukturen führen und erhebliche Folgen wie z.B. ein postoperatives Lymphödem, drohende Wundheilungsstörung, Schmerzen und länger andauernde Immobilität der Patienten mit sich bringen. 
Abhilfe könne durch eine sinnvolle präoperative Risikostratifizierung gemacht werden. Behandlungsziele seien unter anderem eine Beseitigung des  inflammatorischen Proteinstaus durch beispielsweise eine Steigerung des Lymphzeitvolumens oder die Entwicklung neuer Lymphabflusswege (LVA). 
Die KPE mit manueller Lymphdrainage und anschließender lymphologischer Kompressionsbandagierung sei unbedingt in der Therapie zu berücksichtigen. 

Dr. med. Anna-Theresa Lipp, München, referierte zum Thema „Ernährung und Lymphödeme: Gibt es die Lymphödem-Diät?“. Der Darm sei im Kontext eines Lymphödems ein sehr wichtiges Organ, da er für die Steuerung der Lymphproduktion mit verantwortlich sei. Abhängig von der Ernährung könne die Produktion von  
Lymphflüssigkeit stark schwanken. Frau Dr. Lipp ging auf die Entzündungen im Darmbereich ein und nannte anti-inflammatorische Nahrungsmittel, die bei der Gesunderhaltung des Darms unterstützen und Entzündungen im Darm vorbeugen könnten. Die Reduktion beispielsweise von Alkohol und natriumreicher Nahrungsmittel trage zur Stabilisierung der Lymphproduktion bei. Es gäbe keine direkte Lymphödem-Diät, wohl aber Säulen der Ernährung bei Ödemen, die beachtet werden sollten. Low Carb und Low Fat würden keine signifikanten Unterschiede im Gewichtsverlust zeigen, Low Fat sei bei einem Lymphödem auch nicht zu empfehlen, da der Verzicht auf gute Fette eher kontraproduktiv sei. 

Prof. Dr. med. Markus Stücker kündigte am Ende des Symposiums bereits den nächsten Bochumer Lymphtag am 29. Januar 2022 an, der als hybride Veranstaltung stattfinden werde und bedankte sich bei allen Teilnehmenden. 

Mehr zu den Veranstaltungen der Akademie finden Sie unter juzo.de/akademie

Julius Zorn GmbH

Juzo mit Hauptsitz im bayerischen Aichach wurde 1912 in Zeulenroda (Thüringen) gegründet und beschäftigt weltweit über 1.100 Mitarbeitenden. Mit der Schwesterfirma in den USA und den verschiedenen Tochterfirmen und Vertriebsorganisationen in Europa und Kanada bedient der Hersteller medizinischer Hilfsmittel einen internationalen Markt. Als Spezialist mit über 100 Jahren Erfahrung in der Kompressionstherapie hat Juzo es sich zur Aufgabe gemacht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und Beschwerden nachhaltig zu lindern. Dafür produziert das Unternehmen innovative Produkte – größtenteils „Made in Germany“ – aus den Bereichen Phlebologie, Lymphologie, Narbenmanagement und Orthopädie wie Kompressionsversorgungen in Rund- und Flachstrick sowie Bandagen und Orthesen. Neben den Produkten der Fachhandels-Marke Juzo gibt es die Juzo Akademie mit Fortbildungen für den medizinischen Fachhandel, die Marke sportomedix mit hochfunktionellen Produkten für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler und die Marke EquiCrown mit medizinischen Kompressionsbandagen für Pferde. Mit Hightech, Handarbeit und Herzblut arbeiten die Mitarbeitenden bei Juzo an innovativen und individuellen Lösungen für mehr Lebensfreude in Bewegung. Weitere Infos unter juzo.de

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